CUXHAVEN. Wie ist es möglich, dass ein Musikstil, dessen Zielgruppe üblicherweise nicht gerade die Jugend ist, doch über Generationen für junge Leute so attraktiv bleibt, dass die Jazz-Company Cuxhaven, die Bigband des Lichtenberg-Gymnasiums, in diesem Jahr schon ihr 20-jähriges Bestehen feiern kann?
Bei der Antwort bekommen Bernd Bauer und Oliver Ziech leuchtende Augen. „Viele verbinden den Begriff Jazz zuerst mit Cool Jazz oder Free Jazz – eine Vorstellung, bei der es viele gruselt“, stellt Bernd Bauer fest. „Aber diese Band spielt Jazz, Rock, Latin, Blues, Swing und noch viel mehr. Es ist einfach fantastisch, hier schon mit Grundkenntnissen einsteigen und in so einem Klangkörper mitspielen zu können“, schwärmt Bernd Bauer.
„Diese unheimliche Vielfalt ist auch ein pädagogisches Element“, ergänzt Oliver Ziech. „Als Teil der Gemeinschaft stellen sich relativ schnell Erfolge beim Spielen ein. Das ist das Geheimnis der Bigband. Es hat hier einfach Sinn, ein Instrument zu spielen.“
Diese Faszination hatte der Uelzener schon als Jugendlicher in einer Jugend-Bigband namens „Blechschaden“ kennengelernt. Als Pianist und Saxofonist wollte er eigentlich gerne Musik studieren, wählte im Lehramtsstudium aber doch zunächst die Fächer Biologie und Deutsch, bevor er doch noch nachträglich das Fach Musik draufsattelte. Zum Glück fürs Lichtenberg-Gymnasium und Bernd Bauer.
Das erste Mal sahen sie sich an dem Tag, an dem sich Oliver Ziech in dem Cuxhavener Gymnasium vorstellte. Bernd Bauer probte da gerade mit der Jazz-Company in der Aula. Bauer war eigentlich Hobby-Saxofonspieler und nicht etwa Musik-, sondern Englisch- und Geschichtslehrer. Aber die Idee von der Schüler-Bigband hattesich ihm in den Kopf gesetzt. In Kooperation mit Benedyct Piontek von der Jugendmusikschule Cuxhaven rief er sie im Jahr 1999 – vor 20 Jahren – ins Leben.
Nach dem Ende der (städtischen) Jugendmusikschule wurde er zum alleinigen Bandleader. Unterstützung war dringend gefragt – und erst recht ein Nachfolger, denn: „Ich wollte dieses Projekt am Laufen halten.“ Denn mit der musikalischen Seite allein ist es nicht getan: „Fast noch mehr Zeit“, so bestätigen beide, brauche die Organisation – von den Kontakten nach außen (schließlich wird die Jazz-Company oft und gern für Auftritte gebucht) bis zum Kopieren der Notenblätter.
2007 kam Oliver Ziech, der Lehrer für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und an Gymnasien ist, nach Cuxhaven. Seit Bernd Bauer 2015 in Pension gegangen ist, leitet er die Band allein und er steht auch vorn, wenn die Bigband Cuxhaven, eine Erwachsenentruppe, einen ihrer Auftritte hinlegt. Musik begleitet den 52-Jährigen aber auch im Privatleben.
Nicht anders ist es bei Bernd Bauer (68), der sich im Moment auf den Spuren seiner Jugend bewegt und nach Jahrzehnten das Cello wieder hervorgeholt hat. Dass das Ensemblespiel später mal für die Mitglieder der Bigband zu den prägenden Erinnerungen an ihre Schulzeit gehören wird, davon sind beide überzeugt. „Ich wollte Erlebnisse organisieren“, sagt Oliver Ziech zum Beispiel zur Penzance-Fahrt in diesem Jahr, und Bernd Bauer bekommt noch Gänsehaut bei der Erinnerung an den gemeinsamen Auftritt mit Gästen aus Vannes, bei dem er auserkoren wurde, die bis auf 45 Musiker angewachsene Bigband auf der Bühne zu dirigieren – „und das als Laie!"
Unvergessen sind Auftritte vor spektakulärer und stimmungsvoller Kulisse wie auf der Bühne der Kugelbake-Halle beim 100-jährigen Geburtstag der Stadt Cuxhaven, auf der „Cap Dan Diego“, wo einmal ein ganzer Tanzabend begleitet wurde, oder bei der Feier zur Rathaus-Erweiterung.
Weit und breit muss man schauen, um die nächste Schul-Bigband zu finden. Es ist schon etwas Besonderes, was sie da haben, wissen beide, obwohl die Abwanderung nach den Abiturprüfungen zum Alltag gehört. Daher verstärkten auch stets Erwachsene – meist Lehrkräfte – die Reihen. Ein Musterbeispiel dafür, wie die Musik auch verschiedene Altersgruppen zusammenführe; das sei auch unter älteren und jüngeren Schülern so.
Niemals geht man so ganz – das gilt auch für viele Ehemalige der Jazz-Company. Oft stehen sie bei einem der vielen Auftritte in der Schule auf einmal da, packen ihr Instrument aus und spielen mit. Oder sie kommen zur Probe in die Aula. „Das ist natürlich auch ein tolles Vorbild für die Kleinen“, weiß Bernd Bauer.
Einer von denen, die hier anfingen und die Musik dann zum Beruf machten, ist Tobias Haecker; „Den haben wir später bei einem Workshop als Dozenten hier gehabt“. Na klar erfordere es viel Einfühlvermögen, die auf unterschiedlichem Niveau spielenden Musiker mit ihrer breiten Altersspanne alle zu ihrem Recht kommen zu lassen, gesteht Oliver Ziech ein. Aber plötzlich stünden da ein Abiturient und ein Sechstklässler und hätten sich was zu sagen.
Genauso sei es auch in England gewesen: „Die Verbindung war sofort da."
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