Cuxhavener Lehrer hat hunderttausende Hörer auf Spotify

27.03.2023
Cuxhavener Nachrichten

Ein Cuxhavener zieht aktuell beim Musik-Streamingdienst Spotify hunderttausende Menschen an. Eigentlich ist er als Lehrer tätig. Doch in seiner Freizeit komponiert er am Klavier. Sein bekanntestes Stück wurde schon über sieben Millionen Mal geklickt.

Eigentlich bringt er Schülern Deutsch und Englisch bei. Doch in ihm lebt noch eine andere Leidenschaft: In seiner Freizeit komponiert er unter einem Künstlernamen an seinem Klavier. Tim Fabig ist Lehrer am Lichtenberg-Gymnasium in Cuxhaven.

Das bekannteste Stück des gebürtigen Genthiners wurde im Internet bereits über sieben Millionen Mal angehört. Im Interview mit Lennart Keck erzählt er, wie es zu diesem Erfolg gekommen ist und wie sich sein Beruf und das Hobby Musik miteinander vereinbaren lassen.

Herr Fabig, was hat Sie aus Ihrer Heimat nach Cuxhaven geführt?

Nachdem ich 2013 mein Referendariat in Gifhorn abgeschlossen hatte, nahm ich die Stelle an, die man mir in Cuxhaven anbot. Mittlerweile bin ich seit fast zehn Jahren am Lichtenberg-Gymnasium. Vielleicht sollte ich in Bezug auf Heimat noch erwähnen, dass ich ursprünglich aus Sachsen-Anhalt komme - aus Genthin. In Magdeburg habe ich auf Lehramt studiert und bin dann für das Referendariat nach Niedersachsen gezogen.

Woher kommt Ihr Interesse zur Musik?

Im Büro meines Vaters habe ich das erste Mal mit Gitarren und Synthesizern Erfahrungen gemacht. Da habe ich für mich entdeckt, dass es so etwas gibt wie "Musik selbst machen". Das hat mich dann nicht mehr losgelassen. Ich habe in vielen Bands gespielt: Metal-Bands, Punk-Bands und Singer-Songwriter-Kram gemacht. Doch der Ursprung liegt, wie gesagt, im Büro meines Vaters.

Ihre selbstkomponierten Stücke sind auf Streaming-Plattformen sehr erfolgreich. Wann kam der Durchbruch?

Die Zahlen bei Spotify waren relativ lang sehr überschaubar und mit meinem Album "Memory Sketches 2" ging es dann los. Das ist jetzt ungefähr eineinhalb Jahre her. Ich würde das ganze jetzt aber nicht als Durchbruch bezeichnen, auch wenn es für mich natürlich total krass ist, dass da irgendwie eine halbe Million Menschen im Monat meine Stücke hören.

Viele Ihrer Hörer stammen unter anderem aus dem asiatischen Raum. Woran liegt das und woher kommen Ihre restlichen Hörer? 

Ich habe unter anderem auf einem japanischen Label veröffentlicht. Deswegen hören auch dort einige Leute meine Musik. Aber es ist echt verrückt. Man kann über Spotify oder auch Apple Music und andere Anbieter genau sehen, wo die Musik gestreamt wurde. Da sind Orte dabei, die ich noch nie besucht habe. Von anderen habe ich noch nie gehört. Nordamerika, Europa, Asien und Australien sind die Kontinente, die am meisten vertreten sind. Mein erstes Album "Memory Sketches" wurde sogar auf allen hawaiianischen Inseln gehört. Das ist schon abgefahren.

Was verbinden Sie mit dem Musikmachen?

Das Musikmachen ist für mich ein absolut wichtiger und wesentlicher Faktor in meinem Leben als Ausgleich zum Beruf. Als Entspannungsmöglichkeit, als Möglichkeit des Kreativwerdens, der Selbstverwirklichung, der Verarbeitung von Erlebnissen und des Erzählens. Es fällt mir zum Teil leichter, über Noten und Töne, Gedanken und Emotionen zu kommunizieren, als über Sprachen. 

Haben Sie einen Wunsch, wie Ihre Musik von anderen wahrgenommen werden soll?

Ich war jemand, der sich gerne Booklets durchgelesen hat, während ich Musik gehört habe. Ich habe sie regelrecht auswendig gelernt. Ich habe es genossen, mich während des Hörens mit den Texten oder den Credits zu befassen. Wenn man sich jetzt mit den Konzeptalben von mir auseinandersetzt und dazu Interviews liest oder die Entstehungsgeschichten, wird der Konsument natürlich auch beim Hören beeinflusst. Der Hörer empfindet dann vielleicht nicht das, was er ohne die ganzen Informationen empfinden würde. Mir gefällt beides. Sobald die Musik meine Finger verlässt, ist sie ja da, ist offen, ist in der Welt. Und letztendlich kann die Musik so wahrnehmen, wie er will. 

Wie entstehen Ihre Stücke und woher nehmen Sie die Zeit her?

Meine Stücke entstehen natürlich in meiner Freizeit. Der Job ist sehr, sehr zeitintensiv - korrekturintensiv. Gerade bei den Fächern Deutsch und Englisch. Aber wenn die Zeit da ist, setze ich mich ans Klavier, klimper' irgendetwas und wenn mir was gefällt, nehm ich es mit dem Handy auf. Dann habe ich für ein Stück teilweise zehn bis 15 Skizzen, die ich zusammensetze, wie sie mir gefallen. Dann wird aufgenommen. Es ist aber nicht so, dass ich jeden Tag stundenlang am Klavier sitze. Ich hab auch Tage, an denen ich gar nicht spiele. In diesen kreativen Pausen kommen wieder die Lust und die Ideen zurück.

Können Sie von der Musik leben?

Spotify bezahlt pro Stream ungefähr 0,003 Cent. Das bedeutet, dass eine Million Streams circa 3000 Euro generieren. Dann kommt es aber auch auf die Verträge an. Bei einigen Labels bekommt der Künstler manchmal nur zehn Prozent. Wer also von seiner Musik leben möchte, muss sich darum kümmern, dass die Zahlen über Jahre stimmen. Davon bin ich noch sehr weit entfernt. Aber ich will das auch gar nicht. Ich habe meinen Beruf und den nehme ich auch pflichtbewusst wahr. Die Musik bleibt mein Hobby. Nur weil jetzt mehr Leute meine Musik hören, habe ich nicht mehr Zeit hinein gesteckt. Das Einzige, was sich verändert hat, ist der Erfolg, der über die Streaming-Plattformen kommt. Innerhalb eines Monats können die Zahlen wieder in den Keller sinken. Aber jetzt gerade sind die Zahlen richtig gut, darüber freue ich mich natürlich total.

Wann hat Sie das erste Mal ein Schüler auf Ihre Musik angesprochen?

Zum ersten mal ist das im Referendariat passiert. Zu diesem Zeitpunkt gab es Tim Linghaus aber noch nicht - nur irgendwelche Videos und Songs von einer alten Metal-Band, Singer-Songwriter-Sachen, Interviews oder Wikipedia-Beiträge. Erst vergangene Woche ist es passiert, dass eine Schülerin erzählt hat, dass sie eine Playlist mit Stücken von mir weitergeleitet hat.

Wie empfanden Sie diese Situation?

Das ist natürlich cool. So verbreitet sich die Musik und solange man sich nicht für seine eigene Musik schämt und sich nicht irgendwie ertappt fühlt, ist alles gut. Die Reaktionen sind ja auch nett. Bisher ist noch nie jemand angekommen und meinte: 'Ach Herr Fabig ey, Ihre Musik ist ja richtig zum Kotzen.'

In einem anderen Interview haben Sie erzählt, dass Sie den Wunsch haben, Ihre Musik auch auf die Bühne zu bringen. Haben Sie sich diesen Traum bereits erfüllt?

Ich habe dieses Jahr sogar noch einige Konzerte vor mir. Unter anderem in Stockholm, Düsseldorf und Potsdam. Da freue ich mich drauf. Man lernt Leute kennen, die auch in der Szene aktiv sind und selbst Musik machen oder Konzerte organisieren. Auf Schweden freue ich mich ganz besonders. Ich bin dann das erste Mal in diesem Land und ich darf gleich ein Konzert spielen.

Haben Sie mittlerweile neue Ziele?

Es würde mich reizen, einmal Musik für einen Film zu machen. Vergangenes  Jahr konnte ich in diesen Bereich schon einmal reinschnuppern. Der Film, der in Frage kam, hat es  aber nicht zum Festival nach Cannes geschafft und so hatte sich die Aktion leider zerschlagen. 

Können Ihre Hörer in naher Zukunft mit neuen Stücken rechnen?

Ich mach natürlich weiterhin Musik. Von "Memory Sketches" kommt Ende des Jahres unter anderem eine B-Seite raus. Ich bin mal gespannt, wie das so weitergeht mit den Spotify-Zahlen. Wie ich schon gesagt habe, kann das derzeitige Hoch schon morgen wieder vorbei sein. Deswegen genieße ich den Moment und bin mit mir total im Reinen, was die Musik betrifft. Ich freue mich über die vielen Kontakte, die durch meine Musik entstanden sind und diejenigen, die mir über Instagram oder meine Website schreiben. Ein Mann aus den Vereinigten Staaten hat mir geschrieben, er sei just Vater geworden und gehe gerade durch die Morgendämmerung Portlands spazieren. Dabei hörte er meine Musik. Das ist schon etwas ganz Besonderes, wenn man solche Nachrichten einfach so nebenbei bekommt. Es beeindruckt mich immer wieder zu sehen, welchen Einfluss Musik auf andere Menschen in weit entfernten Leben und Ländern haben kann. Ich hoffe, dass das noch lange so weitergeht.


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